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Die Zuteilung von Slots

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Zeitfenster, die sogenannten Slots, die Airlines die Bedienung von Flughäfen erlauben, sind an vielen Airports mittlerweile ein begehrtes Gut geworden. Immer wieder liest man, dass Fluggesellschaften beabsichtigte Linien nicht aufnehmen können, weil sie die benötigten Slots nicht erhalten. Von anderen Airlines wird berichtet dass sie versuchen, Konkurrenten Slots abzukaufen. Wie also funktioniert die Zuteilung von Slots?

In Zeiten stetig wachsenden Luftverkehrs stösst die für die Abwicklung der Flugbewegungen notwendige Infrastruktur zunehmend an ihre Grenzen - als limitierende Faktoren sind die Überlastung des Luftraums, der Flugsicherung und der Flughäfen auszumachen. Insbesondere Flughafenkapazitäten sind natürlich begrenzt durch die Grösse existierender Bahnsysteme, deren nachfrageorientierter Ausbau im dicht besiedelten Europa politisch nicht mehr durchsetzbar sein wird. Der Zugang zur Nutzung der vorhandenen Kapazitäten ist daher das Nadelöhr, das den europäischen Luftverkehrsmarkt künftig kennzeichnen wird. Schon heute ist die Zuteilung attraktiver Start- und Landezeiten auf den bereits überlasteten Flughäfen der Europäischen Union ein drängendes Problem. Sind die Zeitfenster (slots) eines Flughafens erschöpft, können alle bereits unternommenen rechtlichen Liberalisierungsbemühungen der Europäischen Union aus tatsächlichen Gründen keinen Erfolg haben. Die Innehabung von Slots ist daher als zentrale Marktzugangsbarriere der Zukunft ausgemacht worden. Das Problem stellt sich in Europa mit einer anderen Intensität als in den USA. Neben der Innehabung von Slots ist dort für Markteinsteiger insbesondere problematisch. Zugang zu Abfertigungskapazitäten (Gates) zu erhalten, da diese von den Betreibergesellschaften der Flughäfen langfristig an Airlines vermietet oder zum Teil verkauft sind. Problematischer, weil kostenintensiver, ist in den USA auch der Zugang zu Computerreservierungssystemen. In Europa wird hingegen künftig der Besitz von Slots das Kardinalproblem sein, von dem die Streckenpolitik der europäischen Airlines abhängig wird.

Flughäfen platzen aus allen Nähten
Eines der Probleme bei den Flughäfen, ist die fehlende Kapazität des Bahnsystems, den an einer Bedienung der Flughäfen interessierten Fluggesellschaften den Anflug zu ermöglichen. Die Knappheit dieser Ressource macht einen SIot für eine Airline zu einem kostbaren Wirtschaftsgut. Frankfurt, Düsseldorf, London Heathrow und Gatwick sind als die vier überlastetsten FIughäfen in Europa eingestuft worden. Besonders problematisch ist, dass 27 der 44 innereuropäischen Routen, die ein ährliches Aufkommen von mehr als 400'000 Passagieren aufweisen, einen dieser vier Flughäfen zum Ausgangspunkt haben, darunter jede der zehn aufkommensstärksten Strecken. Es wird erwartet, dass in wenigen Jahren 27 Flughäfen in Europa slotbedingten Kapazitätsengpässen leiden werden. Die englische Civil Aviation Authority (CAA) hat in zwei Untersuchungen detailliert analysiert, inwieweit es Interessenten unter diesen Vorzeichen überhaupt noch möglich ist, am Flughafen London Heathrow Slots zu erhalten. Für eine beliebige Referenzwoche ergab sich, dass von 660 Anträgen auf Slotzuteilung, die durch bislang Heathrow noch nicht anfliegende Gesellschaften gestellt wurden, lediglich 14 entsprochen werden konnte (Erfolgsquote: 2%). Dies bedeutet eine effektive Steigerung von einem täglichen Umlauf an Europas grösstem Flughafen.

Wie kann man Slots zuteilen
Im Bewusstsein dieser Problematik sind in der Vergangenheit zahlreiche Modelle denkbarer Formen der Slotzuteilung entwickelt worden. Aus den USA sind «scheduling committees» bekannt, die von einen Flughafen anfliegenden Airlines beschickt werden, welche die zur Verfügung stehenden Slots für jede Flugplanperiode unter sich verteilen. Da die Slots nicht langfristig gehalten, sondern immer wieder neu zugeteilt werden, besteht wenig Anreiz für einen Kauf und Verkauf von Slots. Einigungsdruck für die regelmässige Neuzuteilung wird dadurch erzeugt, dass ein Einstimmigkeitserfordernis aufgestellt wird; kommt es zu keiner Einigung, kann die Aufsichtsbehörde Slots nach einem in ihrem Belieben stehenden Verfahren verteilen. Betriebswirtschaftlich führt ein solches System dazu, dass Airlines sich während des Verteilungsprozesses vom Risiko des Verlusts der Marktposition bei einem angenommenen Scheitern der Verhandlungen leiten lassen. Das System brach daher in den USA zusammen, als die Aufsichtsbehörde aufgrund einer nicht erzielbaren Einigung zwischen den betroffenen Airlines nach fünfzehn Jahren erstmals mit Aufsichtsmassnahmen einschreiten musste. Die von ihr daraufhin vorgenommene Zuteilung der Slots nach der bisherigen Gewichtung führte zu einem stark verringerten Verlustrisiko für die Airlines, die nunmehr damit spekulierten, künftig im Falle eines Falles Slots nach ihren in der Vergangenheit gehaltenen Anteilen zugeteilt zu erhalten. Besondere Probleme, überhaupt an Slots zu gelangen, bestehen in einem solchen Modell für Neueinsteiger. Eine bereits wiederholt untersuchte Variante der Slotzuteilung stellt die Versteigerung von Slots nach verschiedenen Auktionsmodellen (englische Auktion, holländische Auktion, verdeckte Erstpreisausschreibung, verdeckte Zweitpreisausschreibung dar. Bei Slotversteigerungen stellt sich insbesondere das sogenannte Komplementaritätsproblem. Damit ist gemeint, dass Fluggesellschaften für den effektiven Einsatz eines Flugzeuges zeitlich abgestimmte Slots auf verschiedenen Flughäfen benötigen und daher die isolierte Ersteigerung eines Slots an einem Flughafen im wesentlichen wertlos ist. Diskutiert wird ferner die Möglichkeit, zur Verfügung stehende Slots unter Interessenten zu verlosen. Auch ein solches Modell ist nur bedingt praktikabel, da es nicht garantiert, dass Gesellschaften wirtschaftlich und verkehrstechnisch sinnvoll nutzbare Slots erhalten. Eine weitere Zuteilungsvariante ist die Zuerkennung voller Eigentumsrechte an vorhandenen Slots für einen unbegrenzten Zeitraum. Ein solches Modell erlaubt es allerdings etablierten Airlines, künstliche Marktzutrittsbarrieren zu schaffen, da sie Slots ungenutzt ohne die Gefahr eines Verlusts horten können, um potentielle Wettbewerber vom Markt fernzuhalten.

Das EU-Zuteilungsverfahren
Das in Europa vor allem bekannte Modell ist durch die Fortschreibung von Slots gekennzeichnet, die eine Airline aus historischen Gründen hält und tatsächlich auch nutzt. Diesem Modell liegt der Zuteilungsmechanismus der EU-Verordnung 95/93 zugrunde, nach deren Vorgabe die Slotzuteilung im EU-Raum seit 1993 erfolgt. Die Koordinierung von Slots wurde erstmals Mitte der sechziger Jahre eine Herausforderung, als auf bestimmten Flughäfen in den USA Kapazitätsengpässe auftraten. 1967 legte die IATA (International Air Transport Associaton) einen Scheduling Procedures Guide (SPG) vor, der auf internationaler Ebene das Verfahren für die Slotvergabe auf überfüllten Flughäfen regelt. Allerdings kommt den Bestimmungen des SPG lediglich die Rechtsqualität unverbindlicher Empfehlungen zu, da die IATA lediglich ein Industrieverband der ihr angehörenden Luftfahrtunternehmen ist und kein allgemein verbindliches Recht setzen kann. Die Vergabeprinzipien im SPG sind daher weder für Flughäfen noch für Aufsichtsbehörden verbindlich. Anders hingegen die EU-Verordnung 95/93, die in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union unmittelbar geltendes Recht ist.

Slotzuteilung nach der VO 95/93
Der Anwendungsbereich der Verordnung erstreckt sich nur auf die sogenannte slot-koordinierten Flughäfen. Mitgliedsstaaten der EU können jeden ihrer Flughäfen als «slot-koordiniert» qualifizieren, bei Flughäfen mit Kapazitätsengpässen sind sie hierzu gemäss der Verordnung verpflichtet. Die Verordnung verpflichtet jeden Mitgliedsstaat, einen sogenannte «Koordinator» zu bestimmen, der die SIot-Zuteilung auf den koordinierten Flughäfen vornimmt und die Nutzung der zugeteilten Slots durch die Airlines überwacht. In Deutschland kommt diese Funktion dem in Frankfurt ansässigen «Flugplankoordinator» zu, in Grossbritannien etwa der Airport-Coordination Ltd. (ACL). «Nationale» Flugplankoordination gab es bereits vor der EU-Verordnung. Im internationalen Kontext nimmt der nationale Flugplankoordinator an den regelmässigen Fluggplankonferenzen der IATA teil. Die jeweils zuständige Stelle - in der Regel die Betreibergesellschaft des fraglichen Flughafens - muss zweimal jährlich die für kommende Flugplanperioden vorhandenen Slots ermitteln.

Die Zuteilung der als verfügbar ermittelten Zeitfenster erfolgt durch den Koordinator und unter Konsultation eines für den slot-koordinierten Flughafen gebildeten Koordinierungs-Kommitees unter besonderer Berücksichtigung der Airlines, die in vorangegangenen Flugplanperioden bereits ein bestimmtes Zeitfenster gehalten und zu mindestens 80% genutzt haben (sogenannt «Grossvaterrecht» aufgrund «use-it-or-lose-it-rule». Diese Carrier können denselben SIot für die nachfolgende Flugplanperiode beanspruchen. Im übrigen erfolgt die Zuteilung aus einem Slotpool, in dem sich neugeschaffene, ungenutzte und retournierte Slots befinden und aus dem 50% der Slots an Neubewerber zu vergeben sind, die bislang keine oder nur einen geringen Prozentsatz der Slots am betroffenen Flughafen halten. Ist die Anzahl der zur Verfügung stehenden Slots nicht ausreichend, um die Nachfrage zu befriedigen, erfolgt die Zuteilung unter präferentieller Berücksichtigung von kommerziellen Flügen, insbesondere Liniendiensten und Charterflügen. Aus dem Slot-Pool herausgenommen werden können allerdings zum einen Slots für die Bedienung von inländischen Routen, soweit Slots zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung bereits für solche Dienste genutzt worden sind, die Route nur von einer Gesellschaft bedient wird und es keine andere adäquate alternative Transportform gibt. Ebenso können Slots auch für sogenannte Public Service Obligationsrouten bevorzugt vergeben werden. Wesentlicher Anwendungsbereich für diese Vorschrift sind die zahlreichen innerfranzösischen Routen, die französische Regionalflughäfen mit dem überlasteten Flughafen Paris-Orly verbinden. Durch das Vergabesystem der EU-Verordnung soll zumindest in gewissem Masse verhindert werden, dass Martkeinsteiger mangels Slots keine Chance haben, Dienste aufzunehmen und etablierte Airlines wettbewerbsfeindliche Monopole aufbauen.

Der Handel mit Slots
Eine vieldiskutierte Frage ist, ob Airlines Slots kaufen und verkaufen dürfen. Dass Fluggesellschaften Handel mit Slots treiben, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. So ist es ein offenes Branchengeheimnis, dass Airlines die Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden, eine Anzahl ihrer Slots an andere Airlines verkauft haben. London-Gatwick ist der weltweit grösste Flughafen mit einem Ein-Bahn-System. Hierdurch ist es für Airlines besonders problematisch, Slots zugeteilt zu erhalten. Aufgrund der Dominanz der British Airways-Gruppe am Flughafen, die durch ihre Konzerngesellschaften mehr als 50% aller Slots besteht, zudem die Gefahr der Bildung eines wettbewerbsfeindlichen Monopols.

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